Citytrip Istanbul
Unsere Weltenbummlerin Nicole war in Istanbul und hat uns so einiges darüber zu erzählen. Bewaffnet mit Koffer, Kamera und Hut hat sie die Stadt unsicher gemacht und hat einige Insidertipps im Gepäck mitgebracht.
Istanbul war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Und: Istanbul war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte.
Istanbul ist eine Stadt, die so voller Widersprüche und Gegensätze steckt, dass es einen umhaut. Meine Güte, hier ist es wunderschön, diese Bauwerke, diese Moscheen! Oft standen wir mit großen Augen und offenen Mündern und konnten die Schönheit kaum fassen. Und dann, zwei drei Straßen weiter, konnten wir die unglaubliche Armut mit Händen greifen. Völlig zerfallene Häuser zwischen ganz normalen Wohnhäusern, überall streunende Hunde und Katzen und Menschen, die mit kaputter Kleidung auf dem Spielplatz grillen. Außerdem die großen Gegensätze zwischen Tradition und Moderne. Vergleicht man das Istanbul von heute mit dem Istanbul von vor zehn Jahren ist viel passiert, eine Rückbesinnung in die Tradition ist deutlich zu spüren, und Erdogan und überhaupt… Ja, während unseres Urlaubs war wieder einmal Twitter gesperrt worden, aber ich möchte hier definitiv keine politische Diskussion eröffnen.
Aber Istanbul kann viel mehr! Es ist eine pulsierende Stadt, die so voll Historie steckt, wie ich es nicht einmal in Rom erlebt habe. Das beste Beispiel hierfür ist vermutlich die Hagia Sophia (Ayasofya), die im alten Konstantinopel 360 als Kirche errichtet, zu osmanischer Zeit in eine Moschee umgewandelt und 1935 zu einem Museum ernannt wurde. Gut zu wissen: die Hagia Sohpia ist zwar offiziell bis 18.00 geöffnet, der letzte Einlass findet aber um 16.00 statt. Diese Information wird einem jedoch in der etwas 1,5-2 Stunden langen Schlange vorenthalten.
Wenn ihr schon in Sultanahmet, also der historischen Altstadt auf dem europäischem Teil seid, solltet ihr euch einige weitere must-sees vornhemen. Die Blaue Moschee (Sultan Ahmet Camii), die sich direkt gegenüber der Hagia Sophia befindet, ist ein nicht minder beeindruckendes Bauwerk, das noch heute als Moschee dient. Aus diesem Grund der Tip an die Damen: bitte tragt Kleidung, die Arme und Beine verhüllt und einen Schal, den ihr kurz zum Kopftuch umfunktionieren könnt. Die Damen und Herren am Eingang sind strenger als in jedem Berliner Club! Immer noch in Sultanahmet, lohnt sich auch ein kurzer Blick auf den Deutschen Brunnen, ebenfalls kaum zu übersehen.
Eine weitere Attraktion Istanbuls ist zweifelsohne der Galataturm. Dorthin gelangt man auf vielen Wegen, der netteste ist wohl der mit dem sog. „Tünel“, einer Standseilbahn, die unterirdisch und nur zwischen zwei Stationen verläuft. Oben angekommen nehmt euch etwas Zeit und schlendert durch die Straßen rund um das Bauwerk. Der Aufbau und die Verteilung des Istanbuler Einzelhandels ist hier gut zu bestaunen, oft ist es nämlich so, dass eine Straße oder ein Kiez fast ausschließlich mit Läden eines Gewerbes ausgestattet ist (z.B. rund um Galataturm sehr viele Musik- und Instrumentengeschäfte, am großen Markt fast ausschließlich Nähwaren und Blingbling).
Wenn wir schon von Märkten sprechen: ja, der große Basar und der Gewürzmarkt sind sehr auf die Geschmäcker und Augen der Touristen gemünzt, ein Besuch lohnt sich aber allemal. Die Atmosphäre ist trotz allem einzigartig und ganz vielleicht findet man ja noch ein kitschiges Mitbringsel für die Mama.
Meine Shoppingbegeisterung bezog sich in Istanbul vor allem auf die kleinen Lädchen und Märkte, die man überall findet. Möchte man aber auch hier dem westlichen Shopping fröhnen, bietet sich die Istiklal Caddesi an. Die große Einkaufsstraße Istanbuls führt direkt zum Taksim Platz, dem großen Ort der Demonstrationen und des Widerstands. Hier könnt ihr etwas Revoluzzerluft schnuppern und Fotos vor dem Atatürk Denkmal machen.
Kommen wir kurz zurück zu weiteren must-sees. Dazu zählt natürlich der wunderschöne Topkapi Palast. Der ehemalige Sultanspalast beherbergte noch bis in das 20. Jahrhundert fast 5000 Menschen und erstreckt sich über vier große Höfe (also unbedingt viel Zeit mitbringen). Nehmt ruhig ein paar Lira mehr in die Hand und schaut euch den Harem in den Palastmauern an. Die wunderschönen alten orientalischen Fliesen und die vielen verwinkelten Gässchen und Räume laden zum Träumen ein. Tip: beim Betreten des Palastes gleich zuerst in dem Harem einbiegen, so konnten wir die Menschenmassen umgehen, die sich durch den Palast schieben.
Ebenfalls empfehlenswert ist ein Besuch der alten Zisternen unterhalb der Stadt. Schaurig-schön zeigen sich der alte Wasserspeicher und die kunstvollen Säulen (unbedingt die Medusa suchen). Hier wurde sogar schon einmal ein James Bond Streifen gedreht.
Den wohl schönsten Tag haben wir allerdings an einem eher unbekannten Ort verbracht, auf dem Pierre Loti Hügel. Dieser Platz liegt etwas außerhalb etwa an der Mündung des Goldenen Horns. Dorthin kommt ihr am besten mit der Fähre. Und jetzt der Tip: spart euch die ganzen teuren Touritouren über den Bosporus und nehmt die Fähre als öffentliches Verkehrsmittel. Dies spart zum einen Geld, zum anderen erlebt ihr die Istanbuler hier um einiges authentischer und habt einen phänomenalen Ausblick auf die Istanbuler Moscheen. Wir sind an der Haltestelle Eminönü Halic Iskelesi draufgehüpft, die allerdings sehr gut versteckt war. Dort angekommen könnt ihr den Hügel entweder zu Fuß erklimmen oder eine waghalsige Seilbahnfahrt über den Friedhof wagen. Erreicht ihr die Spitze des Hügels, werdet ihr für alle Strapazen entschuldigt, der Blick über Istanbul könnte schöner kaum sein. Wenn ihr euch zurück auf den Weg nach unten macht, werft noch einen kleinen Blick in die Moschee, es lohnt sich!
Einen Blick in die Moscheen werfen, das ist sowieso die Empfehlung. Vielleicht habt ihr genau so viel Glück wie wir und könnt Mäuschen bei einer Predigt spielen. Sehr gut haben uns auch die Kücük Hagia Sophia (kleine Hagia Sophia) und die Süleymaniye Moschee gefallen.
Schlussendlich noch ein paar kleine Tips zum Essen. Als Berliner kann man sich natürlich vorstellen, dass man in Istanbul unglaublich gut schlemmen kann. Empfehlenswert sind vor allem die kleinen Garküchen, die ihr Essen in einer Theke am Eingang auslegen. Einfach mit dem Finger drauf zeigen, einen Ayran aus dem Kühlschrank dazu und es sich schmecken lassen. Als wunderbarer Proviant haben sich auch die Simits und Acmas der Straßenverkäufer bewehrt, hungrig geht man definitiv nicht ins Bett!
Text: Nicole Jarzina / Fotos: Florian Laser
Edit: Danke Crumpler für den leichtesten Trolley (Track Jack Board Trolley) aller Zeiten!