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Zu Besuch bei Ewelina Bünger-Feil und Martin Bünger

HuB: Wie groß ist eure Wohnung und wer lebt hier?

Unsere Wohnung in Berlin-Mitte ist 70 Quadratmeter groß, hat zwei Balkone und hier leben wir seit drei Jahren und gut einem Jahr sehr glücklich zu dritt: Ewelina, Martin und unser Sohn Friedrich.

HuB: Was ist Eure Berufung und wie verbringt Ihr Eure Freizeit?

Als Kulturanthropologin fasziniert mich (Ewelina) Kunst, Mode, Beauty, Interior, Kulinarik, Theater, Literatur - eigentlich alles, was durch und zwischen Menschen entsteht. Ich liebe es, Geschichten und kulturelle Besonderheiten auf Reisen sowie im gesellschaftlichen Diskurs zu ergründen und lasse mich von diesen Inhalten in meiner Arbeit als Agenturinhaberin von Oracelle, in der strategischen Beratung und Umsetzung von bedeutungsvoller Markenkommunikation, inspirieren.

Ich (Martin) habe kürzlich meine Passion, die abstrakte Malerei, zu meinem Hauptberuf gemacht. Ich begeistere mich für das Licht, Farben einzufangen und weiterzugeben, für Formen, die in ihrer Kombination zu einem Ganzen werden und die Gefühle, die beim Betrachter ausgelöst werden. Mein Umfeld beschreibt mich schon lange als Ästhet, lange war ich beruflich auch in der Mode zu Hause.

Wir sammeln gerne gemeinsam Inspiration und unterstützen uns gegenseitig in unseren beruflichen Leidenschaften. So kommt es, dass wir den Großteil des Tages als Familie verbringen - darin empfinden wir ein großes Glück. Die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit verschwimmen bei uns häufig, aber wenn es um bewusste Auszeiten geht, treffen wir sehr gerne unsere (und Friedrichs) Freunde - heute mehr zum Brunch als zum Dinner -, gehen in unserem Kiez spazieren, fahren auf’s Land zu Freunden, besuchen Ausstellungen oder unsere Familien an der Ostsee und in Hessen. Auch unsere Leidenschaft für das Reisen greifen wir wieder vermehrt auf: Gerade schreiben wir diese Zeilen auf Thassos, einer wundervollen griechischen Insel und, wie wir finden, ein absoluter Geheimtipp.

HuB: Die Wohnung und das Ambiente erinnern an den Pariser Art-Déco Stil, habt Ihr Euch ganz bewusst von dieser Stilistik bei der Einrichtung inspirieren lassen?

Nicht direkt. Besonders inspiriert ist unser eklektischer Einrichtungs-Stil von unseren Reisen und der Liebe zu schönen Hotels wie dem Bauer in Venedig, dem Savoy in London oder dem Splendide Royal in Rom. Martin ist in Strande in einem kleinen Familienhotel seiner Eltern aufgewachsen. Die Einrichtung der Zimmer dort war schon hier für die Ostsee eher untypisch durch Italien inspiriert und hat seinen Geschmack sicherlich früh geprägt. Klassische Wand- und Tischleuchten mit korinthischen Säulen im Interior stammen aus dem Hotel und erinnern an seine Heimat. Während unter anderem die Wandkassetten mit floralen Elementen dem Pariser Art-Decó Stil entstammen, ist die Wandfarbe „Bone China Blue“ von Little Green im Wohnbereich inspiriert durch die farbigen Wandgestaltungen des Museum Barberini in Potsdam, um darauf gehangener Kunst noch mehr Strahlkraft zu verleihen.

Und wenn man seine Erinnerungen gerne sehr präsent in der Einrichtung hat, so wie Ewelina, dann führt das zu einem sehr dekorierten zu Hause. Darüber hinaus, genieße ich (Ewelina) es, das typische Berliner grau gegen die Lebensfreude des Pariser Flair an der Wohnungstür einzutauschen.

HuB: Die Wohnung in ihrem ursprünglichen Zustand hat nichts mehr ansatzweise mit dem aktuellen Bild euerer Wohnung zu tun, habt Ihr Euch beim Renovierungsprozess professionelle Hilfe hinzugezogen? Und welche Ursprungselemente konntet Ihr erhalten?

Das stimmt: Dabei haben wir nicht nur den Stil, sondern auch den Grundriss grundlegend verändert. Bei der umfangreichen Sanierung hatten wir großartige Unterstützung eines befreundeten Generalunternehmers, Bojan Vujicic von Bondbau, sowie einer befreundeten Interior Designerin, Franziska Lindholz. Gemeinsam konnten wir eine individuelle Vision umsetzten, bei der uns wichtig war, historische Elemente des Hauses von 1875 zu erhalten beziehungsweise Referenzen des Hauses in unserem Interior aufzugreifen. Als wir die abgehangenen Decken geöffnet haben, kam mehrfach übermalter, teils schwer beschädigter, goldfarbener Stuck zum Vorschein. Über diesen Fund haben wir uns so sehr gefreut, dass wir ihn in monatelanger Arbeit und mit Hilfe unserer Freundin Miu Quell, gelernte Restauratorin, selbst wieder in Stand gesetzt, vergoldet und patiniert haben. Das zweifarbige Fischgrat-Parkett nimmt Bezug auf den zweifarbigen Mosaikboden in der Eingangshalle des Hauses und die Deckenzierleisten im Schlafzimmer auf Elemente der denkmalgeschützen Außenfassade.

HuB: Euer exzentrischer und farbprächtiger Einrichtungsstil strahlt Lebensfreude und Unbeschwertheit aus, ebenso Eure kuratierte Kunst, die wir hier Entdecken können. Die meisten Kunstwerke stammen von Dir Martin, wie bist Du zur Kunst gekommen?

Vielen Dank, damit möchten wir uns in unserer Einrichtung umgeben und das möchten wir durch sie transportieren: Lebensfreude und Emotion. Das erste Bild habe ich 2015 für unsere weißen Wände in unserer ehemaligen Wohnung gemalt. Wir fühlten uns einem schwarz-weißen Kunstdruck mit gelbem Taxi entwachsen, empfanden und empfinden noch heute aber auch eine imaginäre Barriere zu dem Weg in eine Galerie. Nach und nach wuchs die selbst geschaffene Sammlung über die Jahre, bis die Raufasertapete unter einer Petersburger Hängung verschwand. Als Autodidakt experimentiere ich dabei bis heute mit verschiedenen Techniken des Abstrakten Expressionismus, erschließe mir neue Sichtweisen und entwickele dabei meine eigene Handschrift. Die ersten, frühen Anfragen aus dem Freundeskreis haben mich natürlich zusätzlich motiviert, meiner Passion zu folgen. Ewelina wollte nach Ihrem Studium Kulturanthropologie und Medienmanagement ursprünglich eigentlich im Museumsbetrieb Fuß fassen, doch gestaltete sich die berufliche Laufbahn zunächst anders. Schon immer kunstbegeistert, hat sie meine Malerei somit auch von Anfang an uns bis heute kritisch und mit großer Leidenschaft unterstützt. Am meisten treibt mich am kreativen Arbeiten die Möglichkeit an, auf weißer Leinwand immer etwas Neues schaffen zu können, das aus der Erinnerung kommt, andere inspirieren und mit dem man auch sich selbst überraschen kann.

HuB: Wenn ihr Euch ein Kunstwerk auf dieser Erde aussuchen könntet, welches wäre es und warum?

Eine für mich sicherlich unerschöpfliche Quelle der Inspiration wäre das Werk „Villa Borghese, 1960“ von Willem de Kooning. Es zeigt wie viele seiner großartigen Arbeiten, seine Fähigkeit, gestische Malerei mit einer tiefen menschlichen Ausdruckskraft zu verbinden. Die kraftvollen Pinselstriche und die lebendigen Farben erzeugen eine dynamische Spannung, die auch ich in meinem Schaffen stets suche. Durch ein Werk dazu eingeladen zu sein, seine eigene emotionale Resonanz mit ihm zu entdecken und Freiheit zu verspüren ist das, was mich am Abstrakten Expressionismus und dem Geist seiner Vertreter fasziniert und inspiriert.

Ich (Ewelina) bin seit einiger Zeit begeistert von den Arbeiten des zeitgenössichen Künstlers Jorge Galindo. Seine Werke haben einerseits eine so starke visuelle Präsenz und reflektieren gleichzeitig oft soziale und politische Themen, denen ich mich emotional verbunden fühle, sodass die Auseinandersetzung mit ihnen nicht nur eine einzigartige ästhetische Erfahrung ist. Ein monumentales, florales Werk von ihm zu besitzen, würde uns beide nicht bloß inspirieren, sondern auch motivieren, ein entsprechend größere Wohnung (oder Haus) zu finden.

HuB: Dein Atelier liegt fußläufig von Eurer Wohnung entfernt. Planst Du in naher Zukunft eine Ausstellung oder dergleichen?

Es ist tatsächlich ein sehr kurzer Arbeitsweg zu meinem hellen Atelier auf der Friedrichstraße. Nach einigen Updates, insbesondere durch Beleuchtung mit Galerie-Spots, habe ich meine letzte Ausstellung im April dort realisiert. Kurz darauf im Mai habe ich in zu meinem ersten „Collector’s Brunch“ für Sammler und Interessierte eingeladen. In diesem Format haben sich alle Gäste nicht nur inspirierend austauschen können, sondern auch gemeinsam ein großformatiges Bild gestaltet. Neben diesen Events, die ab September wieder starten, kann man mich nach Rücksprache sehr gerne jederzeit in meinem Atelier besuchen. Als Abonnent meines Newsletters erhält man Einladungen zu Ausstellungen, Events sowie Informationen zu neuesten Arbeiten. Für Ende des Jahres plane ich darüber hinaus aktuell eine Schau in der Schweiz.

HuB: An welchen schönen Orten in Eurem Kiez in Berlin-Mitte antreffen?

Seit kurzen trifft man uns natürlich häufig auf Spielplätzen, unserem absoluten Liebling am häufigsten: dem Monbijou Spielplatz am Bode Museum. Beinahe jeden Morgen versorgen wir uns mit Köstlichkeiten aus der Frea Bakery schräg gegenüber unserer Wohnung. Zum Lunch machen wir gelegentlich gern eine Pause bei Saveur de Banh Mi, dem vielleicht besten (und auch vegetarischen) Banh Mi der Stadt. Die größte Wahrscheinlichkeit, uns zu treffen, ist wohl spazierend zwischen Wohnung und Atelier auf der schönen Linienstraße (mit oder ohne Bilder unterm Arm).

Instagram: @martinbuenger // @ewilina