Gallery Visit: NBB Gallery Berlin
Dank Instagram und dem Rumstöbern haben wir Thomas Friedmann kennengelernt, der in diesem verrückten Jahr seine eigene Galerie mitten in der Pandemie im September in der Leipziger Straße in Berlin eröffnet hat. Wir haben Thomas in seiner “NBB Gallery” besucht und ihn ausgfragt wie man zum Galeristen wird.
Thomas, DU bist, wenn ich das richtig verstanden habe sozusagen Newbie in der Galerieszene. Du kommst eigentlich aus dem Musikbereich, was hast du vorher genau gemacht und wie kam der Faible und das gute Händchen für Kunst? Es gibt ja viele, die eine Leidenschaft fürs Sammeln und Verkaufen von Kunst haben, was hat dich bewogen eine eigene Galerie aufzumachen? Wie bist du auf den Namen gekommen?
Ja, richtig am 10.September, pünktlich zum Gallery Weekend, habe ich eröffnet. Das war mir super wichtig, weil ich den Trubel unbedingt mitnehmen wollte. Wenn man bedenkt, dass ich den Laden nur vier Wochen vorher angemietet hatte und auch noch Umbauarbeiten gemacht werden mussten, war das alles eine ziemlich sportliche Aktion. Danke an dieser Stelle nochmal an Kristina, Lars G., Markus B., Frankie, Nico, Jenny B., Frede, Michi S., Clemens B. und alle die sonst noch so tüchtig geholfen haben das alles so kurzfristig möglich zu machen. Die Veranstaltung und die drei Tage Gallery weekend an sich waren schon ein Monsterprojekt, danach musste ich erst mal 3 Tage Urlaub (auf dem Balkon) machen.
Meine Wurzeln sind ganz tief in der Musikwelt vergraben. 1993 nach einem Guns’N’Roses Konzert, habe ich mit 12 Jahren meine erste E-Gitarre bekommen und dann war meine Seele auch gleich ultimativ and den Rock N Roll Gott (Satan) verloren. Danke Papa. Im Ernst, das war definitiv der Butterfly Effect in meinem jungen Leben. Danach hat sich alles nur noch um die Mukke gedreht. Von den ersten Bands über einige eigene Releases, diverse Tourneen als Roadie, Tourmanager usw. alles ziemlich DIY bis hin zu einer ganzen Reihe an Gold- und Platinplatten als Musik PR Manager in Anstellung bei diversen Labels. Danach selbstständig mit meiner PR Agentur Head Of Radio wo ich seit 2017 Acts wie SEEED, Trettmann, Cypress Hill, MAJAN, The 1975, Digitalism, Kool Savas, Fynn Kliemann, Gurr, Kontra K, La Roux, Lil Dicky, Metric, SXTN, Paul Kalkbrenner, Rejjie Snow, Superorganism oder auch Yung Hurn PR-technisch betreut habe. DIe Agentur gibt es weiterhin und wird nun mit mehr Man/Girlpower angetrieben.
Ich gehe ziemlich genau seit 20 Jahren in Galerien und Kunstmuseen. Schuld daran hat meine damalige Freundin, die im Ludwig Museum in Koblenz eine Art Volontariat gemacht hatte und mich einfach mitgenmmen hat. So haben wir eigentlich in jeder Stadt im Umkreis, sprich Köln, Bonn, Frankfurt alle Möglichkeiten abgeklappert. Ich erinnere mich an eine coole Edward Hopper Ausstellung im Museum Ludwig in Köln, Jonathan Meese im Arp Museum in Remagen, viel Pop Art in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt und diverse Besuche in Bonn auf der Museumsmeile. Darüber hinaus fing ich an Typen wie Egon Schiele, David Hockney, Matisse und Picasso genauer unter die Lupe zu nehmen und so kommt man dann von einem zum nächsten und das Spinnennetz wird unaufhörlich immer größer. Wie in der Musik, man liest sich den Dankestext im Inlay durch und findet fünf neue Bands, die man sofort auschecken muss. So ist das bei den bildenenden Künstlern ja auch.
Sehr cool fand ich natürlich auch die Connection von Rock’N’Roll Leuten und bildenden Künstlern. Hier war natürlich The Velvet Underground und Warhol das erste größere Ding, was mich angesprungen hat. Sowas finde ich heute immer noch super spannend und so kam es in meiner Zeit bei dem Label Caroline International, dass ich Bands mit Malern/Bildhauern wie Michael Sailstorfer oder auch Norbert Bisky, beide bei Johann König verknüpfen konnte. Dadurch entstanden anhaltende Beziehungen und eben auch sehr schöne Plattencover der Acts Sam Vance Law und Champyons.
Nach ca. einem Jahr in der Selbstständigkeit habe ich erstmals angefangen mir Kunstwerke zu kaufen. Meine erste Arbeit kommt vom Berliner Künstler Clemens Behr der auch aus meiner Heimatstadt Koblenz stammt. Er hat sein Studio in Kreuzberg am Wassertorplatz in einer alten Textilreinigung. Geht da gerne mal vorbei, Clemens freut sich immer sehr über unangemeldete Gäste, haha. Kurze Zeit später habe ich auf Instagram den Australier Jordy Kerwick entdeckt, der zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich Stilleben von Topfpflanzen auf gestapelten LPs und Büchern sehr plastisch und zweidimensional in Öl und Acryl auf Leinwände gemalt hat. Ich folgte ihm einige Wochen bis er eine Arbeit postete, die mich straight ins Herz traf: Er verarbeitete in dieser Serie all seine Lieblingsbands, Schriftsteller, Poeten, Maler etc…- In dieser Arbeit stand auf dem einen Buch Charles Bukowski und auf der LP The Stooges. Meine Backstory ist, dass das erste vom Taschengeld gekaufte Buch „Fuck Machine“ von Charles B. und die erste LP die mir mein Vater mit den Worten „Hier Junge, dat musst Du Dir jetzt mal anhören!“ in die Hände drückte „Fun House“ von den Stogges war. BAM!! Das ging direkt ins Herz und ich schrieb Jordy sofort genau das als DM, worauf er nur wenige Minuten später antwortete: „Damn Dude, nice nice, It’s ment to be, you have to buy the painting!“ Gesagt getan, Preis ausgehandelt und zwei Wochen später war das Ding da. Ich mega am ausrausten vor Glück sofort allen Freunden Fotos davon geschickt und drei Tage später hatte ich eine Bestellung von vier weiteren Gemälden für Jordy zusammengesammelt. Er sagte mir dann, dass ich beim Fünften Prozente bekomme und so kam es, dass ich anfing seine Arbeiten zuerst in meinem privaten- danach im beruflichen Umfeld zu verticken. Kurze Zeit und einige Gemälde und Telefonate später verknüpfte mich Jordy mit einem seiner australischen Maler-Kumpels Justin Lee Williams, dem ich auch eine Arbeit abkaufte und sofort anfing Leuten von ihm zu erzählen. Im Sommer 2018 hatte er eine Gruppenausstellung mit David Lynch in Antwerpen wo immer noch Arbeiten von ihm eingelagert waren. Zwei dieser Arbeiten konnte ich verkaufen und fand mich eines Morgens in einem Flugzeug nach Düsseldorf, MB Sprinter nach Antwerpen diese Arbeiten einsammeln und nach Hamburg zu deren neuen Besitzern bringen. Es war der heissetste Tag des Jahres 2019 und ich fiel nachts hundskaputt ins heimische Bett in Berlin und war gleichermaßen so happy wie lange nicht mehr. Ich glaube in diesem Moment habe ich beschlossen, dass ich eine Galerie haben möchte.
Der Name NBB steht für Nur Bomben Berlin. Das kommt von einem Foto was ein Kumpel von mir hinter Michael Sailstorfers Atelier in Weißensee gemacht hat. Michi hat zu diesem Zeitpunkt externe Flugzeugtanks auf Europaltten gelagert, die er später zu Öfen verarbeitet hatte. Mein Kumpel schickte mir später das Foto und als Kommentar „Nur Bomben“. Aus den Tanks wurden Bomben und mein Hund Carla und ich mittendrin. Ist also alles gar nicht so martialisch wie es klingt. Leider ist mir kein besserer Name eingefallen. Fun fact: ein paar Häuser weiter in der Leipziger ist ein Laden mit genau demselben Namen NBB - Note Books Billiger. :-)
Wie bist du zu dem Space gekommen, hattest du schon vorher Galerieräume bespielt?
Ebay Kleinanzeigen und nein, das ist das erste Mal, dass ich sowas mache. Der Raum war mal eine Bank zu DDR Zeiten und es gibt im Keller einen echten Bank-Tresor Raum. Mein Plan ist es in diesem Raum immer eine Arbeit aufzuhängen, die nicht im Line-Up steht, nirgends erwähnt wird. Das ist mein „hidden track“ auf dem Album. Bei der ersten Gruppenshow hatte ich da eine Arbeit vom sehr gehypten New Yorker Künsler Robert Nava. Wer weiss, was dort als nächstes hängen wird… ;-))
Was reizt dich an der Kunst am meisten? Ist es der Jagd-und Sammelinstinkt neue Künstlerinnen und Künstler aufzutreiben, ist es der Profitgedanke oder die reine Passion an der Kunst?
Ich würde lügen wenn es mir nicht auch um die Kohle gehen würde aber ich bin jetzt erst einfach mal froh darüber wenn sich der ganze Auffand einigermaßen trägt. Schwer zu sagen was mich genau reizt, ich folge einfach meinem Herzen und das alles macht insgesamt super viel Spaß. Ich liebe es mit Mneschen zu connecten und noch besser Menschen untereinander zu verbinden und dann mitzuerleben wie daraus neue tolle Dinge entstehen. Das fühlt sich alles total organisch und so gar nicht nach Arbeit an. Darf gerne so weitergehen. :)
In deiner Galerie hängen vermehrt nur internationale Kunstwerke. Wie kommst du an die Künstlerinnen und Künstler heran, wo findest du die Werke? Kennst du alle persönlich, von denen du Werke ausstellst und verkaufst?
Ich kenne alle persönlich, mehr oder weniger. Ich hatte eigentlich eine große Rundreise für Studiobesuche geplant. Dank Corona ist es aber nicht dazu gekommen.
Welche Künstlerinnen und Künstler aus deinem Portfolio sollte man sich keinesfalls entgehen lassen? Gibt es deinerseits einen Liebling oder ist eine solche Frage verpönt?
In meiner aktuellen PAPERWORKS VOL.1 Ausstellung, die derzeit eigentlich nur als PDF existiert weil Corona bedingt alles 1000x mal länger dauert (Zoll, Rahmen etc…), habe ich eine ganze Reihe an sehr guten Künstlern am Start.
Darüber hinaus checkt einfach mal Jordy Kerwick, Anastasia Bay, Denise Rudolf Frank oder auch Justin Williams aus. Alleine diese vier sind in meinen Augen Superstars ,die alle mal im MoMa landen werden wenns weiterhin so gut läuft.
Was steht als nächstes in der NBB Gallery an? Gibt es schon konkrete Pläne auch für 2021?
Go with the flow.
Aktuell: die Paperworks gehen noch bis in den Januar. Dann Ende Januar eine Abstract Trio Show die Wellen schlagen wird. Cosimo Cassoni aus Mailand macht u.a. extrem coole Sachen mit seinem Skateboard, vielmehr krazt er mit den Achsen in die Farbe auf der Leinwand. Clément Mancini aus Paris und der New Yorker Dan Flanagan sind beide sehr angesagt Newcomer und alle drei richtige cool cats. Der Rest von 2021 ist auch schon komplett verplant. Eigentlich plane ich schon 2022. Sofern es dann hoffentlich bald wieder möglich sein wird, werde ich in der Galerie wöchentliche Vinyl Listening Sessions machen. Ich habe mir hobbymäßig in den letzten Jahren eine vintage high-end Streroanalage mit McIntosh Röhrenamps und riesigen Klipsch Horn Speakern zugelegt und es einfach zum Heulen wie geil das klingt. Ich will es dann etablieren, dass jede Woche freitags zum Feierabend ein paar Leute zusammen Musik hören, was trinken und eine gute Zeit haben. Ich hatte das so Testballon-mäßig kurz nach der Eröffnung mit Michael Sailstorfer und den Champyons gemacht. Wir haben deren 2018er Album gehört, für das Michi das Albumcover gestaltet hat und ja, es war ein super schöner Abend im Zeichen von toller Musik ganz viel Kunst auf allen Ebenen und zwei Kisten Bier.
Interview: Maria-Silva Villbrandt | Bilder: Jules Villbrandt