HUB: Kann ich die Düfte auch online bestellen? Bzw. gibt es die Möglichkeit von den Düften Proben nach Hause zu bestellen?
Ja tatsächlich ist das bei uns möglich. Diese Neuerung haben wir Corona zu verdanken. Wir bieten einen Probenservice in unserem Online-Shop www.parfumslubner.com an. Man kann sich durch den Online-Shop klicken und nach den Duftbeschreibungen suchen, oder sich auch telefonisch beraten lassen und daraufhin eine Auswahl an möglichen Düften zuschicken lassen. Die Gebühr dafür bekommt man dann teilweise als Gutschein wieder zurück.
HUB: Wie trage ich einen Duft auf? Gibt es spezielle Methodik beim Auftragen?
Da gibt es ja tausende unterschiedliche Tipps. Ich bin da allerdings etwas pragmatischer. Das Einzige, was ich beachten würde ist, den Duft aus einer Entfernung von ungefähr 20 cm aufzutragen. Nicht umsonst gibt es den Zerstäuber. So können sich die Duftmoleküle am besten entfalten. Am besten sind immer stellen am Körper an denen das Blut pulsiert und die Körperwärme sitzt – so entwickelt sich der Duft auch am Individuellsten: Handgelenk, Hals, Arm- und Kniebeuge oder Bauchnabel.
HUB: Wie geht ihr bei einem/einer Kunden*in vor, der/die völlig ohne Vorstellung auf der Suche nach einem neuen Duft ist?
Da Duft ja etwas sehr Persönliches ist und jeder auch einen anderes Geruchsempfinden und Wahrnehmung hat, muss man sich da tatsächlich gemeinsam herantasten. Oft fällt es Menschen schwer, Gerüche in Worte zu fassen. Man muss sich erstmal auf eine gemeinsame Sprache einigen und sich voll auf den Kunden einlassen. Wir ermutigen die Kunden immer frei zu Assoziieren. Das kann eine Farbe sein, ein Ort, eine Pflanze oder auch eine Situation. Meistens kommt man dann recht schnell weg von den üblichen Beschreibungen wie holzig, frisch oder sportlich. Duft triggert Erinnerungen. Wenn man sich darauf einlässt, kann es sehr gut sein, dass man mit der Idee eines Sandelholzduftes reinkommt und danach einen Jasminduft in der Tasche hat. Ich finde es immer wieder faszinierend, was so eine Duftreise bei Menschen auslösen kann und es ist auch für uns selbst spannend, für den Menschen, der sozusagen der Zufall zu uns gebracht hat, so etwas Intimes wie das passende Parfum zu finden.
HUB: Wie wichtig ist der Flakon bei der Kaufentscheidung eines Duftes?
Tatsächlich ist der Flakon meistens das erste Auswahlkriterium. Der Flakon ist erstmal das Erste, was überhaupt wahrgenommen werden kann. Da es die einzig sichtbare Manifestation eines Duftes oder der Marke ist. Und ich würde nicht mal sagen, dass das so falsch ist. Denn natürlich denken sich die Marken etwas bei der Gestaltung ihrer Flakons. Es ist eine Möglichkeit der Sichtbarmachung ihrer olfaktorischen Idee, die den Kunden beeinflusst.
Dennoch muss ich sagen, dass im Verlauf einer Duftberatung der Flakon immer mehr an Bedeutung verliert. Wenn man sich auf eine olfaktorische Reise einlässt, spielt am Ende der Flakon keine allzu große Rolle mehr. Bei den meistens Menschen ist ein olfaktorisches Erlebnis dann doch stärker als das visuelle. Der Duft bleibt Hauptakteur.
Deshalb ist gerade bei Nischen-Parfum eine gute Beratung essenziell.
HUB: Welcher Duft, den es auch aktuell im Berliner Pop-Up gibt, beeindruckt euch am meisten? Und gibt es Unterschiede bei der Auswahl in Berlin im Vergleich zu Hamburg?
Das ist eine Frage, die ich fast nicht beantworten kann. Es ist als würdest Du mich fragen, was mein Lieblingsessen ist. Da kann ich Dir immer nur sagen, ich liebe Essen. Es gibt unterschiedliche Gerichte, die ich besonders mag. Aber festlegen kann ich mich da nicht.
Aber natürlich gibt es Highlights: Das Parfumhaus Ormonde Jayne aus London hat speziell für uns einen Duft kreiert, den es auch tatsächlich weltweit nur bei uns gibt.
„Fearless“ ist eine aufregende Mischung aus Gourmand und Patschuli der sich warm an die Haut schmiegt. Außerdem sind wir sehr froh Parfums de Nicolai bei uns zu haben. Eine Marke der Parfumeurin Patricia Nicolai, die die zeitlose, französische Parfümerie in all ihrer Rafinesse verkörpert. Sie ist eine der ersten weiblichen Parfumeure, die ihre eigene Marke gegründet hat, in einer Zeit, in der fast ausschließlich Männer als Parfumeure gearbeitet haben. Obwohl sie aus der Guerlain-Dynastie stammt, durfte sie dort nicht als Parfumeurin arbeiten, weil sie eine Frau ist und man das dort damals einfach nicht wollte. Ein anderes Highlight ist sicherlich ORMAIE Paris: Eine junge tolle Marke, gegründet von Mutter und Sohn, die die Idee der natürlichen Parfümerie wiederbeleben, auf eine unglaublich elegante und moderne Art und Weise. Ein weiterer Höhepunkt ist sicherlich Marc-Antoine Barrois. Ein französischer Herrencouturier, der mit seinen drei innovativen Leder-Düften die Nischenparfumwelt Kopf stehen lässt.
Eine meiner persönlichen Favoriten ist auch die Marke 27 87. Eine tolle junge Marke aus Barcelona, die es unglaublich gut versteht unsere Zeit – das Hier und Jetzt -olfaktorisch zu erfassen. Aber wie gesagt es gibt so viele tolle Marken auch aus Berlin. Zum Beispiel Atelier Oblique. Wir haben in Berlin nochmal eine Auswahl unserer Auswahl getroffen. Es sind die Lieblingsmarken unserer Lieblingsmarken. Wir werden allerdings auch immer wieder neue Marken in unserem Lab vorstellen um immer wieder Spannendes zeigen zu können.
HUB: Existiert in Zeiten der Auflösung von strikten Geschlechter-Grenzen und -Stereotypen überhaupt noch die Nachfrage, hinsichtlich eines spezifischen Männer- oder Damenduftes oder ist diese Frage bereits obsolet?
Tatsächlich gibt es immer wieder die Frage nach spezifischen Herren- oder Damendüften. Allerdings werden wir das nicht bedienen, oder viel eher nicht bedienen können. Denn Duft und dessen Wahrnehmung ist rein kulturell erlernt. Unterschiedliche Kulturkreise haben unterschiedliche olfaktorische Geschlechterstereotypen. Das einfachste Beispiel ist die Rose. Bei uns in der westlichen Hemisphäre wird Rose als weiblicher Duft wahrgenommen. Im mittleren Osten als männlich. Es macht also überhaupt keinen Sinn, überhaupt anzufangen nach solchen Kriterien auszuwählen. Es kommt noch hinzu, dass sich in den letzten Jahren auch diese Stereotypen immer mehr verschieben und auch Trends unterworfen sind. Wenn ich heute einen Teenager frage, wer für gewöhnlich Perlenketten trägt, wird er sicher antworten jeder der möchte.
So ist es auch mit Duft. Und ich muss sagen, diese Frage spielt eine immer kleinere Rolle. Den meisten Menschen geht es immer mehr darum, einen Duft zu finden der sie selbst begeistert und glücklichh macht, der ihnen eine andere Haltung beim Gang durch die Stadt verleiht oder sie an etwas Persönliches erinnert und so durch den Alltag begleitet. Zudem werden junge Menschen immer mutiger, auch ausgefallenste und intensive Parfums zu tragen, um ihre Persönlichkeit zu unterstreichen. Sie können sehr gut unterscheiden, was Masse und was Klasse ist, und sie laufen nicht mehr einfach nur großen Marken hinterher. Eine schöne Entwicklung wie ich finde.