Zu Besuch bei Christoph Kümmecke
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Vorab, welche Fakten sollte man über deine Wohnung wissen?
Meine 3-Zimmer-Wohnung ist 67 qm groß und befindet sich im Englischen Viertel direkt am Schillerpark in Berlin-Wedding. Die Wohnsiedlung entstand in den 20er und 30er Jahren und liegt direkt an Berlins erster öffentlicher Grünanlage, dem Schillerpark, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden ist.
Christoph, kannst du dich einmal kurz vorstellen, was machst du so den lieben langen Tag und was interessiert dich dazwischen?
Böse Zungen behaupten, eigentlich nur dekorieren und aufräumen. Aber um nun ernsthaft auf eure Frage einzugehen: Ich arbeite viel, verbringe meine Freizeit mit meinen Herzensmenschen und der Leidenschaft zum Interior Design. Diese habe ich im vergangen Jahr dann zum Beruf gemacht und bin als Senior PR Consultant für IMPULSE BY COMMUNICATION tätig, eine PR-Agentur, die auf Interior Design spezialisiert ist. In diesem Jahr habe ich zudem ganz viele Pläne, wie ich mein ganzes kreatives Gedankengut in verschiedenen „Side Projects“ realisieren kann. Das ist u. a. das Schöne an Berlin, hier auf so viele unterschiedliche und kreative Menschen zu treffen, was ich nach über 10 Jahren hier, jeden Tag auf's Neue wertschätze. Hier liebe, lebe und leide ich, jeden Tag in unterschiedlichsten Intensitäten. Hier verspüre ich Heimat, engste Verbundenheit, ein Gefühl von angekommen sein. Berlin ist Freiheit, für alle, für jedermann. Deinem Eigenaktionismus und deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Subkultur erblüht (auch heute noch) ins Unermessliche. All das macht hier ein Leben so wunderbar und lebenswert, solange wir respektvoll, friedlich und tolerant miteinander umgehen. Und sonst so: Leidenschaftlicher Onkel, Naturliebhaber und ich träume von einem Haus am See.
Du hast vorher in der Mode gearbeitet und bist quasi zum Interior gewechselt wie sehr unterscheiden sich diese beiden Milieus/Genres voneinander?
Die Modeindustrie legt ein sehr schnelles Tempo vor. Das Zeitalter der Digitalisierung hat dieses Tempo um ein Vielfaches potenziert. Ich war eines Tages an dem Punkt angekommen, dass ich mich dieser Oberfläche des Schönen und der Kurzlebigkeit entziehen wollte. Ich war dieser Branche entwachsen, ich hatte genug gesehen, erlebt und sehnte mich nach neuen Herausforderungen. Schon von Kindestagen an war ich stets ein ästhetischer und kreativer Mensch, liebte den Umgang mit unterschiedlichsten Menschen und hatte meist eine andere Perspektive auf die Sicht der Dinge. Das kam mir in der Mode und kommt mir aktuell auch beim Interior sehr entgegen. Die Interior-Branche ist allerdings weniger schnell, weniger aufgeregt und ehrlicher. Sie verneint Materialität, Wertigkeit, Handwerk und Designgeschichte, ohne die schnelle Dynamik von „in“ und „out“.
Deine Wohnung ist der Knaller, wie hast du sie gefunden und wie viele hundert Menschen standen mit dir an?
Meine Wohnung habe ich auf dem ganz klassischen Wege gefunden, nämlich über eine Anzeige auf einem Online-Wohnungsportal. Die Anzeige war allerdings nur zwanzig Minuten online und ich habe einfach dort angerufen, um einen Besichtigungstermin zu vereinbaren. Allerdings wollte mich das Wohnungsunternehmen nicht mehr an der Besichtigung teilnehmen lassen, da diese auf maximal zehn Personen limitiert war. Letztendlich durfte ich auf Grund meiner „Schwiegersohn-Charme-gut-zu-reden-Offensive“ doch teilnehmen und habe wenige Tage später eine telefonische Zusage erhalten. Ein nach wie vor totaler Glücksgriff, weil ich schon in der Vergangenheit mit dem Gedanken gespielt hatte, in diesem Teil des Weddings eine Wohnung zu kaufen und dieser Teil des Weddings zu meinen präferierten Wohngegenden zählte. Jetzt lebe ich bereits seit zweieinhalb Jahren in dieser neu-renovierten Altbau-Wohnung zur Miete und möchte ehrlich gesagt auch gar nicht mehr weg hier. Der Schillerpark ist genau gegenüber. Aus jedem Fenster blicke ich ins Grüne, manchmal fühlt es sich an, als hätte ich ein Haus im Wald. Sobald ich in fünf Minuten die bunte und turbulente Müllerstraße erreiche, spüre ich ihn wieder, den wilden Wedding.
Was magst du besonders an deiner Wohnung?
An meiner Wohnung schätze ich vor allem ihren charakteristischen Schnitt, mit ihrem großen Flur, von dem aus alle Zimmer abgehen. Das Licht dieser Wohnung ist magisch und mitunter mein absolutes Lieblingselement, weil es zu jeder Jahres- und Tageszeit eine andere Stimmung evoziert. Um diese Wirkung zu verstärken, habe ich allerdings auf eigenen Wunsch vor Einzug die Raufasertapeten entfernen lassen. Ansonsten wurde die Wohnung zum Zeitpunkt meines Einzuges mit Liebe saniert, Holzfenster und Dielenboden wurden dank Denkmalschutz im Detail aufgearbeitet, sanitäre Anlagen sind auf aktuellem Stand der Technik. Zudem ist der Blick ins Grüne unbezahlbar, insbesondere im Hinblick auf meinen überdachten Balkon. Dieser liegt direkt an meinem Schlafzimmer und es gibt an lauen Sommertagen nichts Schöneres, als bei offener Balkontür im Bett liegend den Bäumen und Vögeln zu lauschen oder sogar dabei einzuschlafen.
Wie würdest du deinen Einrichtungsstil beschrieben und wie sehr hat er sich verändert in den letzten Jahren und wodurch?
Kurz gesagt: Funktional, zeitlos und unaufgeregt. Dabei stets bedacht auf Qualität, ruhige sowie natürliche Farbwelten und Reduzierung auf das Nötigste. Im Vergleich zu den Jahren zu vor trenne ich mich schneller von Dingen, die im Endeffekt nur einen Ballast für mich darstellten. Ich habe daran gearbeitet (respektive arbeite immer noch daran) mich nur mit Dingen zu umgeben, die ich wirklich wertschätze und liebe, sei es bei Klamotten oder Einrichtungsgegenständen aller Art. Aber das Wichtigste: Ich wollte mit meinem kleinen Zuhause einen Ort erschaffen, der Frieden, Ruhe und Eskapismus beheimatet, um mir eine sichere „Welt“ zu erschaffen, der mir vor einigen Jahren durch einen radikalen Schicksalsschlag genommen wurde und manchmal Abstand vor der Welt da draußen halten, die bedauerlicherweise unberechenbar verrückt rotiert.
Was sind deine absoluten Lieblingsmöbel in der Wohnung, die du nicht mehr hergeben würdest?
Um mich nicht so widersprechen, ich schätze jedes Möbelstück in meiner Wohnung und diese sind entsprechend mit Bedacht kuratiert. Ich liebe meinen Lounge Chair von Herbert Hirche, meine Hans J. Wegner Stühle oder meine Artek-Sammlung. Mein all time favorite ist allerdings mein Midcentury-Sideboard, welches ich vor 11 Jahren auf dem Flohmarkt entdeckt habe und mein aktuellster Neuzugang, ein 60 Kilo schwerer Sofamarmortisch.
Und was steht auf deiner Wunschliste ganz oben? Wer ist dein Lieblingsdesigner?
Ehrlich gesagt habe ich zurzeit keine Wünsche. Die Konzentration liegt eher im Detail, um dort kleine Veränderungen hervorzubringen, beispielsweise in Form von Objekten. So würde ich liebend gerne Kunst sammeln. Beim Interior Design bin ich allerdings fasziniert von den Entwürfen Alvar Aaaltos, hinsichtlich Formgebung, Materialität und Simplizität. Deswegen würde ich gerne eines Tages die Villa Mairea in Finnland besichtigen.
Oh da kommen wir gerne mit! Beeinflusst Instagram deine Einrichtung? Was inspiriert dich?
Durch Instagram habe ich in der Vergangenheit viele Inspirationen erhalten und auch für mich diente die Plattform, Inspirationen und Momente aus meinem Leben mit anderen zu teilen. Dadurch habe ich fantastische Menschen kennenlernen dürfen und bin sicherlich auf das eine oder andere neue Label aufmerksam geworden. Mittlerweile sind meine Augen respektive ist mein Rezeptionsverhalten von Instagram allmählich gesättigt, weil in der Bildsprache und im Einrichtungsstil überwiegend Konformität herrscht. Meine Inspiration hole ich mir in der Natur, bei Ausstellungen und in Magazinen.
Wann findest du eine Wohnung interessant? Was sind absolute No-Gos?
Jeder Wohnung ist grundsätzlich interessant, solange sich sein Bewohner dort erkennbar wohlfühlt und es sich dort gemütlich gemacht hat. Eine Wohnung sollte Geschichten erzählen, im besten Fall ein Abbild der Persönlichkeit darstellen. Bei den No-Gos ist das schwierig, denn ich mag jetzt nicht mit Wischtechnik oder Latte-Macchiato-Bildern um die Ecke kommen. Allerdings finde ich einen „überzüchteten“ Scandi-Chic nicht sehr attraktiv und weniger inspirierend.
Und warum wohnst du ausgerechnet im Wedding? Was sollte man in deiner Hood gesehen haben?
Der Wedding ist ein Ort voller Diversität, in dem klassische Milieus nicht existieren, weil die unterschiedlichsten Menschen sozialer und kultureller Herkunft hier zusammenleben und das schon mehrere Jahrzehnte hinweg. Dieser Bezirk ist authentisch, trashig, wild und rau. Es gibt jeden Tag etwas Neues zu entdecken, denn der Wedding ist voller Gegensätze. Schauen wir einmal auf die Müllerstraße, das wilde Zentrum des Weddings mit all seinen Casinos, Döner- und Frisörläden, Märkten, Einkaufsläden und seinen bunten Lichtern. Weiter nördlich die Rehberge, ein riesiger Park mit dem Plötzensee, indem es sich im Sommer herrlichst schwimmen lässt und gleich neben an das Open Air Kino „Rehberge“. Oder der Schillerpark vor meiner Haustür, eine wundervolle Oase zum Joggen oder Picknicken. Und es eröffnen Schritt für Schritt ausgezeichnete Restaurants, Bars und Cafés, die nicht nur von überfüllter Coolness glänzen. Weit ab davon schätze ich die Eckkneipen, die skurrilen Bars und Boutiquen und all die absurden Eigenarten, die ich hier tagtäglich entdecken kann oder die langen Tanznächte im Anita Berber. Zu guter Letzt, ich habe hier unglaublich tolle und kreative Menschen kennengelernt, die schon Ewigkeiten hier wohnen oder sich Neuweddinger nennen dürfen und wir alle wollen hier nicht mehr weg.
Wie hört sich der Soundtrack zu deiner Wohnung an?
Ruhig, wild und melancholisch. Ein breites Spektrum an Songs, die mich fast fünf Jahre im Wedding und Berlin begleitet haben. Mit jedem Song verbinde ich eine persönliche Geschichte und ich bin überaus gespannt, welche Songs den Soundtrack in diesem Jahr komplettieren werden.
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