Wir werden immer wieder gefragt was macht einen Raum wirklich gemütlich? Das sind zum einen natürlich persönliche Accessoires, besondere Stücke, schöne Kunstdrucke und viel Stofflichkeit zum anderen ist es eine wirkungsvolle Wandfarbe. Meist reicht schon ein helles Grau oder Off-White für einen atmosphärischen Look aus, um dem Raum ein wenig mehr Seele einzuhauchen. Somit sprechen wir uns für mehr Farbe in den eigenen vier Wänden aus, um mehr Gemütlichkeit und Atmosphäre zu schaffen. Es gibt unzählige Farbnuancen und Marken, die die Auswahl der richtigen Wandfarbe erheblich erschweren. Dennoch können wir euch ein paar grundlegende Tipps für den Griff zum richtigen Farbtopf geben und ebenfalls ein paar Möglichkeiten des Farbeinsatzes aufzeigen, die ihr vielleicht noch nicht kennt.
Qualität - Wer billig streicht, streicht doppelt, dreifach, vierfach
Bei der Auswahl der richtigen Wandfarbe sollte man nicht rein nach dem Farbton sondern vor allem auch nach der Qualität und der Pigmentierung gehen.
Schnell greift man zu den günstigeren Farben aus dem Baumarkt, die man sich dort ganz unkompliziert anmischen lassen kann. Allerdings entspricht das Ergebnis meist nicht wirklich der Farbe des gedruckten Farbstreifens, man muss 3-4 Mal streichen, um eine zufriedenstellende Deckkraft ohne Streifen zu erlangen, die Farbe riecht streng und kleckst auch noch dabei. Wer billig streicht, streicht doppelt, dreifach, vierfach.
Das trifft natürlich nicht auf jede Baumarktfarbe zu, denn laut Testberichten und Online-Bewertungen schneiden die bereits fertig angemischten “Architects Finest” Farben von Schöner Wohnen sowie die Farbkollektion “Feine Farben” von Alpina gut ab. Aber nie vergessen einen Probeanstrich von mindestens einem Quadratmeter zu machen, dies gilt auch für hochwertigere Farben. Die Lichtverhältnisse eines Raumes wechseln minütlich, das Farbspektrum ist somit weit komplexer als der auserwählte Farbton und sollte vorher getestet werden. Fragt man den Profi, wird dieser mit Sicherheit seine eigenen, lang erprobten Lieblingsmarken wie Caparol, Mega Wandfarben, StoColor oder Brillux verarbeiten und den gewünschten Farbton anhand von RAL, NCS oder Sikkens anmischen. Der letzte Besuch unseres Malers war für ihn aber mindestens genauso spannend wie für uns selbst. Er durfte ein komplettes Zimmer mit einer Farrow & Ball Farbe streichen und war sichtlich begeistert. So eine hochwertige Farbe habe er noch nie gestrichen. Sie ist hochdeckend, geruchsarm, ergiebig und tropft und kleckst nicht. Eine wahre Freude für jeden Maler.
Entscheidet man sich also für den Rolls Royce unter den Wandfarben, sollte dazu auch der Untergrund richtig gewählt sein. Verputzte Wände, die bereits grundiert sind eignen sich für solche Qualitätsfarben perfekt. Eine Raufasertapete mit einer Farrow & Ball Wandfarbe zu streichen, wäre hingegen wohl eher Perlen vor die Säue.
Wem Farrow & Ball nicht genug ist, man noch mehr Farbnuancen benötigt oder nicht ganz so viel Geld für eine Wandfarbe ausgeben möchte, der sollte sich folgende Labels genauer anschauen.
Pure & Original/ Anna von Mangoldt / PTMB collection / Mia Colore / Kolorat
Matte, transluzente und glänzende Wandfarben - wieso, weshalb, warum
Extra matte Wandfarben, Kreidefarben, liegen nicht nur voll im Trend, sie werden sogar schon zur Wertsteigerung von Immobilien genutzt. Die Farbtiefe und Ebenmäßigkeit verleihen eine samtige Oberfläche und werten jeden Raum auf. Grund dafür ist ihr Kreideanteil und die hohe Pigmentierung. Trifft Licht auf die matte Farbe wird es diffus gestreut und nur wenig reflektiert, somit zieht die matte Farbe den Raum optisch in sich hinein und kürzt Raumhöhe oder -weite.
Weniger bekannt als die Kreidefarben sind die Kalkfarben, die wie Fresco-Malerei komplett vom Putz oder dem Untergrund aufgenommen werden. So können Unebenheiten und Schattierungen im Putz einen sehr interessante Patina hervorbringen. Nicht 100% ig deckend lassen die Kalkfarben Unebenheiten durchscheinen und verleihen der Wand somit eine unebenmäßige Natürlichkeit für einen gelungenen Vintage Stil.
Glänzende Wandfarben wirken besonders gut im Kontrast mit matten Oberflächen, doch nicht nur ihr optischer Reiz ist genial sondern sind sie clever eingesetzt auch sehr funktional. Durch die glatte Oberfläche wird das Licht gerichtet reflektiert, und kann Farben der Umgebung widerspiegeln. So lassen sich zum Beispiel niedrige Räume mit einer glänzenden Decke optisch strecken und wie bei einem Spiegel wird eintreffendes Licht zurückgeworfen und erhellt zusätzlich den Raum.
Untergrundbeschaffenheit - auf was zu achten ist und Vorbereitung
Bei allen Wandfarben muss vor dem Anstrich die Untergrundbeschaffenheit beachtet werden und gegebenenfalls vorbereitet werden. Ein Anstrich auf Lehmputz beispielsweise kann sich als sehr unzufriedenstellend herausstellen, da der Putz die Farbe regelrecht aufsaugt. Man benötigt spezielle Lehmfarben, Sumpfkalkfarben oder bestimmte Kreidefarben. Deshalb sollte vorher genau festgestellt werden, wie die Untergrundbeschaffenheit bzw. das Untergrundmaterial ist, und wenn möglich ein Maler hinzugezogen werden.
Zudem ist es immer ratsam eine weiße Grundierung als neutrale Basis und Haftgrund zu schaffen, um eine optimale Deckkraft der Farbe zu erlangen.
Trends beim Farbanstrich
Wandfarbe als gestalterisches Mittel der eigenen vier Wände zu nutzen, kann auf verschiedenste Arten passieren und macht einfach Spaß. Denn wer sagt, dass Wandfarbe nur an die Wände gehört? Helle, dunkle, satte und pastellige Farben beeinflussen nicht nur durch ihre Farbigkeit die Stimmung eines Raumes, sondern auch in welcher Form sie eingesetzt werden.
Einer unserer Lieblingstrends sind farbige Decken, die besonders gut in einem Altbau funktionieren. Die Raumhöhe wird etwas gedrosselt, um den Raum zu stauchen und gleichzeitig zu weiten. Dies schafft Gemütlichkeit und wirkt wie eine schützende Hand, die sich auf den Raum legt. In der Gastronomie weit verbreitet, im privaten Umfeld kaum als Option gesehen.
Ein weiterer Favourite des Farbeinsatzes ist definitiv der Look aus einem Guss. Wände verschmelzen mit Tür und Türzargen indem sie in gleicher Farbe gestrichen bzw. lackiert werden. Dazu gehören ebenfalls Möbel in derselben Farbe wie die dahinterliegende Wand zu streichen - dies funktioniert sehr gut mit Bücherregalen ohne Rückwand und matten, pastelligen Farben. Das Spiel zwischen Zwei - und Dreidimensionalität einer Farbfläche macht diese Gestaltung so wundervoll. Sie beruhigt den Raum mit einer Klarheit, hat aber zugleich einen dezenten Twist etwas Bekanntes doch besonders zu machen.
Was unser Designerherz womöglich am höchsten schlagen lässt, ist der Trend von Farbfeldgeometrie auf der Wand. Rechteckige, überlappende Felder verschiedener Farben, deren Schnittmenge authentischer Weise nochmals eine neue Farbe hervorbringt. Sie können aneinandergrenzende Wände über Eck optisch verbinden, Möbel in Wände ziehen, Räume in Bereiche aufteilen oder architektonische Gegebenheiten wie Nischen oder Vorsprünge versetzen, aufgreifen, betonen, in eine Richtung verlängern, kürzen, stauchen oder vergrößern. Die Linien und Flächen auf der Wand schaffen eine neue Dimension in der alles möglich ist. Hier kann man sich also vollends austoben und muss sich nicht nur für eine Farbe entscheiden.
(Für alle weniger Farbverliebten funktioniert dieser Farbtrend auch bedingt in einer dezenteren Version mit Hilfe des Spiels zwischen matten und glänzenden bis hin zu hochglänzenden Feldern in einer Farbe. Der Kontrast allein zwischen stumpfen und glatten Oberflächen ist bereits reizvoll genug. Ein Überlappen der Felder macht hier jedoch weniger Sinn.)
Text: wit&voi / Bilder: Jules Villbrandt