Vor einigen Monaten wurde mir eine der schwierigsten Fragen gestellt, mit denen ich es zu tun bekommen kann. Es ging um Präferenzen, um Ordnungen, ja es ging auch um Liebe.
„Was sind deine Lieblingsplatten?“
Eine leichte Frage sollte man meinen, wenn man bedenkt, dass bestimmte Alben und Songs immer und immer wieder gehört wurden, wenn man bedenkt, dass ich bestimmten Künstlern seit Jahren die Treue halte und jedes neues Album aufs Neue mit Spannung erwartet wird.
Die eigenen Präferenzen in der Musik haben sich über Jahre hinweg ausgebildet, der eigene Geschmack wurde geschärft und verändert, nicht nur durch neue Platten, Genreentdeckungen und Festivals, sondern auch und vor allem durch persönliche Ereignisse und Menschen, die kamen und gingen. Die Erstellung einer Rangliste wird jedoch durch die Vielzahl an Platten erschwert, die über die Jahre und Hörgänge hinweg, im Gedächtnis blieben.
Mir fällt es wirklich schwer eine klare Rangliste aufzustellen, sicherlich gibt es Platten die deutlich wichtiger sind als andere. So wird „Neon Golden“ von The Notwist immer eine wichtigere Rolle einnehmen als z.B. Sampha mit „Process“, eine klare Nummer 1 zu bestimmen ist trotzdem fast unmöglich. Nicht umsonst dauert der Prozess des Nachdenken über eine solche Liste bereits seit dem letzten August an.
In den vergangenen Wochen jedoch erschien ein Streif am Horizont. Ein großes Möbelhaus launchte eine Kampagne für ein Regal, das sie seit Jahren unter verschiedenen Namen anbieten und welches auch seit Jahren von Vinylsammlern für ihre Schätze genutzt wird. Es brachte mich dazu über die Anordnung von Platten an sich nachzudenken und auch mein Umfeld mit dieser Frage zu löchern.
Wie ordnest du deine Platten? Chronologisch nach dem Erscheinungsjahr, klassisch alphabetisch, kategorisch nach dem Genre und Subgenre? Nach Farben, damit sich ein tolles Muster im Regal ergibt? Es gibt zig Wege dem Chaos Herr zu werden und seit Jahrzehnten wird in der Popkultur über das „Wie?“ nachgedacht.
Eine persönliche Ordnung für die eigenen Platten oder CDs oder Kassetten zu finden, ist eine Herausforderung, egal wie groß die Sammlung ist. Auch sollte darüber nachgedacht werden, inwiefern man sie öffentlich haben möchte. Ist es gut die eigene musikalische Geschichte jedem Hausgast zu öffnen?
Ganz ehrlich, es kommt auf die Geschichte an, wer etwas auf sich hält, wird bestimmte Missetaten verstecken und besondere Platten hervorheben. Wieso auch nicht, die eigenen Präferenzen haben sich über die Jahre verändert und mit ihnen die Songs, die die eigene Biographie auch weiterhin bestimmen.
Was sich nicht löschen lässt ist die eigene Erinnerung, an das erste selbst gekaufte Album, an die Musik beim ersten Kuss, beim ersten Mal, beim ersten Herzschmerz, beim ersten Suff, bei der Rebellion gegen die Eltern, beim Umzug in eine andere Stadt. Die Liste kann ewig weiter gehen.
Platten autobiographisch zu ordnen, wie es Rob Gordon tut, bedeutet sich seine eigene Geschichte immer wieder bewusst zu machen. Sich selbst zu zeigen, wo man steht, was erlebt wurde. Sich zu erinnern welche Menschen kamen aber auch welche gingen und welche musikalischen Einflüsse sie mit sich brachten und hinterließen.
Meine eigenen Plattensammlung ist bisher grob nach Präferenzen geordnet. Je mehr ich darüber nachdenke, merke ich jedoch, dass eine autobiographische Sortierung eine lohnenswerte Sonntagsbeschäftigung darstellen wird. Die fertige Sortierung wird meine Biographie darstellen, sie wird der Erinnerung helfen und mir Komfort bieten. Eine überaus erstrebenswerte Hilfe im fortschreitenden Alter.
Den Anfang dazu stellt eine Liste im Kopf dar. Welche Songs haben mich begleitet, welche sind mir über die Jahre wichtig geworden, welche verbinde ich mit den großen, wichtigen Menschen und Momenten in meinem Leben.
In der Playlist dieses Monats gibt es einen kleinen Einblick in mein Leben und die damit verbundene Ordnung von Lieblingsplatten. Den einzigen Hinweis den es gibt, stellt die erste selbst gekaufte Platte dar. „Big me“ ist aus dem Debütalbum der Foo Fighters und ich kaufte es mir auf Grund des Videos, in dem Dave Grohl die Mentos Werbung der 90er Jahre persifliert. Es sollten weitere Alben und Songs der Band folgen, die ich wirklich toll fand und es sollte der Anfang einer sehr gitarrenlästigen Jugend sein, wie man hören kann. Ich selber bin gespannt zu hören, wohin das alles noch führen wird.
Text: Philipp Priebe