Wer São Paulo besucht und sich für Architektur interessiert, kommt an dem Namen Lina Bo Bardi nicht vorbei. Der Brasilianerin mit italienischen Wurzeln verdankt die Stadt zwei ihrer bekanntesten Bauwerke, die zu wahren Pilgerorten geworden sind.
Zwei Meilensteine für São Paulo
Zum einen das imposante Kunstmuseum Museu de Arte, kurz MASP, mitten im Zentrum der Stadt. Ein gigantisch großer Betonquader, der von zwei roten Bögen in der Luft gehalten wird, darunter entsteht ein Platz der Raum für Ungeplantes bieten soll, eine wahre Einladung, um sich dort zu versammeln. Die Bügel des Museums waren von der Kommunisten Bo Bardi von Anfang an in der Farbe Rot geplant, wurden aber zunächst nicht genehmigt, um kein falsches Zeichen zu senden.
Der zweite Meilenstein, den sie hinterließ, ist ihr eigenes Wohnhaus an einem waldigen Hang in der Vorstadt São Paulos, die Casa de Vitro, ein schwebender Bungalow auf Stelzen. Die Einflüsse Le Corbusiers und Frank Lloyd Wrights lassen sich bei ihrem Entwurf nicht verleugnen. Das Haus soll mit der Umgebung eine Symbiose eingehen, wobei die Übergänge förmlich verschwinden. Durch die durchgehenden Fensterfronten wird das Haus zum Glashaus, das die äußere wilde Bepflanzung des Hanges nach innen holt und fast verschlingt. Wer braucht da noch Zimmerpflanzen?! Das Konzept der Bepflanzung des Hanges war Bo Bardi dabei ebenso wichtig, wie das Haus selbst. Wir nehmen euch mit zu einem kleinen Rundgang durch das eindrucksvolle Haus.
Zur Person Lina Bo Bardi
Lina Bo Bardi wurde 1914 als Achillina Bo in Rom geboren. Sie studierte als eine von wenigen Frauen an der Universität Rom Architektur und ging nach Mailand, um Gio Pontis Assistentin zu werden. 1940 eröffnete sie ihr eigenes Architekturbüro, welches jedoch 1943 von Bomben zerstört wurde. 1946 entschloss sie zusammen mit ihrem Mann Pietro Maria Bardi nach Brasilien zu gehen, um dort einen Neuanfang zu wagen. Dort organisierten sie Ausstellungen zur europäischen Moderne und kamen in Kontakt mit Oscar Niemeyer. 1951 erhielt sie ihre brasilianische Staatsbürgerschaft und wirkte in Bahia und São Paulo. Bis zu ihrem Tod 1992 lebte sie in ihrem Glashaus.
Lina Bo Bardi und ihre Stühle
Typisch für die Genies der Moderne entwarf Bo Bardi nicht nur Häuser, sondern auch eine ganze Reihe an Möbeln wie den Bowl Chair, der einem Ball ähnelt, dem die Luft ausgegangen ist , den und den Frei Egidio Holzstuhl, der sich komplett senkrecht zusammenklappen lässt und der Chair with Brass Balls, der einem Trohn ähnelt.
Die Casa de Vidro ist offen für Besucherinnen und Besucher und kann mit einer Führung, zwei Mal am Tag, von Donnerstag bis Samstag besichtigt werden.
Fotos und Text: Jules Villbrandt