Während das legendäre Stattbad im Berliner Wedding nach Abriss nun noch Geschichte, bzw. schon eine Legende ist, zeigt sich der LOBE Block als eine neue Perle im ab und an belächelten Wedding. Ob der Bezirk kommt oder geht, müssen wir nicht besprechen, klar ist, dass mit dem Baldon der Kiez um ein Juwel reicher ist. Das Baldon ist Kantine, Restaurant, Bar und Raum für zeitgenössische Kunst zugleich. Das Restaurant befindet sich in der Böttgerstraße 16 unweit vom Bahnhof Gesundbrunnen inmitten des brutalistisch anmutenden Lobe-Blocks direkt am Humboldthain. Hier erwartet den Gast ein großzügiger, vor allem hoher Betonsaal mit großer Fensterfront mit Blick in den Garten. Die Einrichtung ist minimalistisch, das Essen hingegen komplex und sehr feinfühlig ausgewählt und zubereitet. Zum Abend hin werden die Wassergläser und Kaffeebecher gegen Drinks getauscht. Das Konzept ist spannend, die Macherinnen dahinter umso mehr. Wir haben uns im Baldon umgesehen und mit den Gründerinnen Jessica-Joyce Sidon und Caecilia Baldszus gesprochen.
Liebe Jessi und Cäcilia, woher kommt eure Leidenschaft zu Kunst und leckerem Essen? Wie habt ihr zwei euch kennengelernt?
Wir kennen uns schon seit über 5 Jahren. Damals haben wir beide im Event und PR Bereich gearbeitet. In Berlin kreuzen sich die Wege da ja öfter :-) Wir haben uns immer gut verstanden - auf persönlicher und beruflicher Ebene. Cäcilia hat damals dann das Angebot bekommen das Restaurant im Lobe Block zu bespielen und hat nach einem Partner gesucht. So bin ich dann ins Spiel gekommen. In engeren Kreisen nennt man und auch Hanni & Nanni. Ich mag Kunst, Cäcilia mag Essen und umgekehrt. Wir ergänzen uns quasi. Nur, dass Cäcilia tausend Mal besser kochen kann als ich. Dafür kümmere ich mich dann um die anderen Sachen - wie das Interior und Kooperation mit tollen Brands.
Um ein Restaurant im Berliner Wedding aufzumachen, braucht es sicherlich ein wenig Mut und viel Enthusiasmus, weil gefühlt jeder nur noch nach Neukölln pilgert, was hat euch dazu bewogen in den Wedding zu gehen?
Wir wohnen beide im Wedding und fühlen uns diesem Stadtteil sehr verbunden. Mut gehört glaube ich immer dazu, wenn man ein Restaurant aufmachen möchte. Ich würde mich zum Beispiel nicht trauen in Neukölln ein Restaurant aufzumachen, da dort die Konkurrenz ja unheimlich groß ist. Wir haben das Glück, dass die Gastro Szene im Wedding noch relativ überschaubar ist. Wir versuchen mit unserer Küche trotzdem zu provozieren und freuen uns, dass das so gut angenommen wird.
Euer Raum ist durch die nackten Betonwände sowie die Fensterfront, dem offenen Küchen- und Barbereich klar definiert. Wer hat bei euch das Innendesign übernommen? Habt ihr bewusst den Küchenbereich offen gewählt?
Wir lieben Restaurants mit offenen Küchen. Man ist den Gästen so viel näher, bekommt die Stimmung mit und kann auch leichter mit Personal und Gästen kommunizieren.
Bei der Gestaltung des Restaurants war das so mitunter der einzige Punkt, der von Anfang an klar war. Wir haben das restliche Interior Design selber übernommen. Haben mit unseren liebsten Brands zusammengearbeitet und halten uns auch immer offen hier und da immer mal wieder etwas zu verändern. Der Raum soll - so wie das Essen - immer wieder überraschen.
Casual Fine Dining beschreibt euer Essenskonzept bestens. Was kann der Gast bei euch erwarten? Woher bezieht ihr eure Lebensmittel?
Wir arbeiten fast ausschließlich mit Produzenten aus der Umgebung. Gemüse, Fleisch und Milchprodukte sowie Kräuter kommen von befreundeten Bauern aus Brandenburg, der Uckermark oder aus unserem eigenen Garten. Fisch kommt aus der Müritz oder aus Holland. Wer aber klassische deutsche Küche erwartet, wird enttäuscht. Die Küche lässt sich von Zubereitungstechniken aus der ganzen Welt inspirieren. Gewürze lassen wir uns mitbringen oder bringen sie selber mit, wenn wir verreisen. Außerdem wird das Essen bei uns geteilt. In anderen Kulturen ist das ganz normal. Wir werden manchmal noch schief angeguckt, aber am Ende des Tages ist shared dining die kommunikativste und sozialste Art Essen zu genießen.
What’s next? Was sind eure Pläne mit dem Baldon für den Herbst und Winter. Gibt es besondere Highlights, die wir keinesfalls verpassen sollten?
Neben unserem monatlich wechselnden Dinner Menus arbeiten wir an einem Concept Store auf der Hochebene im Restaurant. Kleine Events sowie Live Drawings, Workshops und Konzerte sind auch in Planung.
Baldon - Berlin
Adresse: Böttgerstraße 16, 13357 Berlin
Öffnungszeiten:
DIenstag & Mittag 9:00-16:30
Donnerstag & Freitag 9:00 - 00:00
Samstag 11:00 - 16:00
Text & Interview: Maria-Silva Villbrandt / Bilder: Jules Villbrandt