Gestern launchte Amazon seinen neuen Shop Handmade at Amazon. Dort sollen Kreative und Kunsthandwerker die Möglichkeit bekommen, ihre sorgfältig handgefertigten Produkte zu verkaufen. Jeder Kunsthandwerker stellt sich auf seiner Profilseite persönlich vor und erzählt, wie er die eigenen Produkte fertigt. Dadurch erfährt der Kunde genau, wie ein Produkt entsteht. Somit haben die Kunden die Möglichkeit, die Arbeit lokaler Handwerker in ganz Deutschland zu entdecken und zu unterstützen. Wir haben zum Start Mischa von Woodboom in seinem Lichtenberger Studio und Showroom besucht und ihn etwas ausgefragt.
Hey Mischa, erzähl doch mal ein wenig über dich, woher kommst du ursprünglich und was hat dich nach Berlin verschlagen?
W: Hallo Jules, erst einmal vielen Dank für deinen Besuch bei uns in der Werkstatt. Ursprünglich komm ich aus Konstanz, einer kleiner schönen Stadt in Süddeutschland, mitten in der Natur. Meine ersten Erfahrungen als Unternehmer machte ich als Videoproduzent. Anfangs pendelte ich viel zwischen dem Bodensee und Berlin bis mir ein langjähriger Freund und Geschäftspartner in Berlin eine Wohnung organisierte und ich kurze Zeit später dort einzog. So war es die Karriere, die mich nach Berlin brachte.
Wie fing deine Begeisterung für Möbel an? Und wann und wie habt ihr Woodboom gegründet? Wer gehört zu deinem Team?
M: Zurückblickend auf meine Kindheit, die Liebe meines Vaters zum Handwerk und eine freie Bildung auf einer Waldorfschule. Beide gaben mir schon früh die Leidenschaft zum Holz und zur Natur mit auf den Weg. Ich absolvierte eine schulische Ausbildung als Produktdesigner, baute mir während der Schulzeit ein Netzwerk im Kreativbereich auf... als ich nach Berlin zog baute mein Vater gemeinsam mit mir meine ersten Möbelstücke. In meiner Freizeit, in der ich die Inspiration meiner Businesstrips und den Einfluss der Stadt verarbeite, baute ich gemeinsam mit meinem damaligem Partner aus der Videoproduktion weitere Unikate. Eine kleine Selektion davon fotografierte ich und versuchte diese über Selekkt zu vertreiben. So verkaufte ich die ersten Möbelstücke, die ich teilweise in meinem Keller oder der Wohnung produzierte. Daraus entstanden die ersten Kooperationen. Woodboom entstand aus dem ersten Großauftrag, einer Gastronomie Ausstattung in Konstanz. Heute können mein Team und ich auf ein Jahr voller Ereignisse, Erfahrungen und Veränderungen zurückblicken. Aktuell arbeiten wir in einem vierköpfigen Team und sind aufgeschlossen gegenüber jungen motivierten Leuten. Zum Beispiel suchen wir Praktikanten, die einen Einblick in den Alltag eines Start-Ups gewinnen wollen. Zu unserem Team: David, unser Schreiner achtet darauf, dass unsere Möbel nicht nur gut aussehen, sondern das sie auch ihre Funktion erfüllen. Er bringt sein Wissen bezogen auf die Entwicklung ein und baut mit Leidenschaft all unsere Sonderanfertigungen und Prototypen.
Maciek hat in seiner Vergangenheit viele Renovierungen und Einrichtungen in England realisiert, ist mit verschiedensten Materialien vertraut und entwickelt mit mir zusammen die Einrichtungskonzepte bzw. das Design unserer Produkte. Zum anderen kümmert er sich um den persönlichen Kontakt zu unseren Produktionsmanufakturen.
Marvin kümmert sich mit seiner offenen Art um all unsere lieben Privatkunden und schaut zum Beispiel, dass Kunden unsere Produktvielfalt auf Shops wie Handmade at Amazon finden.
Wir sind aber auch auf ein Netzwerk von rund 30 Freunden und Partnern stolz, die ihre Leidenschaft aus den verschiedensten Bereichen zur Philosophie von Woodboom beitragen.
Mittlerweile fertigt ihr ja nicht mehr alles selbst, wo lasst ihr produzieren?
M: Unsere Möbel werden mit Leidenschaft in Berlin entwickelt und werden dort von uns bis ins Detail in feinster und liebevoller Handarbeit hergestellt. Metallwaren können wir nicht selber herstellen, die beziehen wir über ein Netzwerk von befreundeten Unternehmern. Bei Lampenfassungen oder Kabel etwa, hier bemühen wir uns umso mehr, mit Partnern zusammen zu arbeiten, die unsere Philosophie vertreten.
Mit was für Holz arbeitet ihr genau und woher stammt das antike Holz?
M: Angefangen haben wir mit gebrauchten alten Baubohlen, bedeutet Kiefernholz. Mittlerweile haben wir aber auch erste Möbelstücke aus Eiche oder Birke gefertigt. Das bedeutet, wir experimentieren gerade mit verschiedenen Hölzern. Unser Bestseller im Moment ist eine Tischplatte aus all unseren Leftovers, also verschiedene Holzarten gemischt. So bekommen die Tischplatten einen interessanten Look aus verschiedenen natürlichen Farben. Je nach Kundenwunsch benutzen wir recyceltes aber auch neues Holz, Klasse B oder C. Natürliche Risse oder Verfärbungen sind gewollt. Das unterscheidet uns von den meisten Möbelherstellern. Wir legen Wert auf Nachhaltigkeit. Deswegen ist all unser Holz zertifiziert und stammt aus europäischen Wäldern.
Ihr macht ja nicht nur Möbel, was gehört noch alles dazu?
M: Angefangen haben wir mit dem Verkauf von Tischen, doch mittlerweile haben wir unsere Produktvielfalt ergänzt und bieten auch Accessoires an. Im B2B-Bereich bauen wir gerade mit einem befreundeten Unternehmer einen Pool an Musterwohnungen zur Vermietung auf, welche wir Einrichten. Unsere Herausforderung ist hierbei, möglichst alle Gegenstände eigenständig und unabhängig zu entwickeln und diese als neue Kollektion an Privatkunden zu vertreiben. Vom Bett bis zum Badezimmer sind alle Möbel, aber auch die ersten Accessoires wie Lampen, von uns entwickelt und gefertigt worden.
Euer Studio / Loft / Werkstatt ist beeindruckend, wie habt ihr das gefunden und waswar vorher drin?
M: Vielen Dank. Wir hatten unsere erste Werkstatt, ein dunkles Loch, hier in der Nachbarschaft. Bei einem Spaziergang mit einer Freundin fand ich dann diese lichtdurchflutete Halle. Vom ersten Moment an war ich verliebt, obwohl ich damals nur einen ersten kleinen Einblick bekam. Kurze Zeit später, rief ich den Vermieter an und wurde an den damaligen Mieter weitergeleitet, der hier einen Blumengroßhandel betrieb. Die Empore war komplett ungenutzt. Er gab uns den Schlüssel und wir konnten unsere Möbel das erste mal ausstellen. Da sein Mietvertrag nach zwei Monaten auslief und wir zeitgleich die GmbH gegründet hatten, konnten wir die Halle kurzfristig übernehmen und uns hier komplett ausbreiten.
Gibt es etwas hier in Lichtenberg, das man gesehen haben muss und als nicht Ortsansässiger nicht kennt?
M: Ja, hier in Lichtenberg gibt es viele Ecken, die inspirierend sind. Unsere Nachbarschaft ist toll. Über den Sommer haben wir zum Beispiel den Landschaftspark Herzberge erkundet und dort eine kleine Gärtnerei gefunden die wunderschöne Gärten und Sitzmöglichkeiten angelegt hat. Hier sind viele Künstler mit ihren kleinen Ateliers zu finden und natürlich das Don Xuan Center, zu dem wir des Öfteren zum Mittagessen gehen.
Gehört euch die Halle allein oder arbeiten hier auch andere?
M: Der Grundgedanke dieser Halle ist es, einen Platz zu schaffen, der Kreativität aller Art zulassen soll und an dem man sich gegenseitig inspiriert, weiterbildet und aushilft. Unten in der Halle soll der Fokus auf dem Handwerk liegen und oben auf der Empore kann man sich präsentieren und an spannenden Projekten arbeiten. Wir sind offen für motivierte Menschen, die diesen wunderschönen Ort mitgestalten wollen. Aktuell haben wir den ersten Untermieter, der sich seine Werkstattecke eingerichtet hat und dort Fahrradrahmen entwickelt und zusammenlötet. Aber auch Freunde kommen hier gerne zum arbeiten oder für Inspiration her und natürlich auch zum handwerklichen Ausgleich.
Baust du bei dir Zuhause auch alles selbst oder gibt es da auch mal ein Möbelstück vom Schweden?
M: Um ehrlich zu sein, ist mein Zuhause im Moment diese Halle - meine Wohnung eher eine Baustelle. Verwirklicht werden soll hier ein Ein-Raum-Konzept, natürlich mit Möbeln von Woodboom. Zum schwedischen Möbelhersteller gehen wir, um Gläser, Besteck und Kleinigkeiten zu kaufen, aber auch ab und an zur Inspiration – mehr nicht.
Was ist euer Plan für die nächsten Jahre, wo geht es hin mit euch?
M: Zum Abschluss kommt wohl immer die schwierigste Frage... Woodboom sieht seine Zukunft als Netzwerk mit dem Schwerpunkt auf Design, Produktion und Wachstum. In welche Richtung genau das geht, zeigt uns die Zukunft. Und das ist mir auch wichtig, denn mehr als einen sturen Plan X zu befolgen, möchte ich mir die Offenheit bewahren, die mich bis hierhin geführt hat und Woodboom zu einem großen Teil ausmacht.
Unser Dank geht an Handmade at Amazon und natürlich an Jules von Herz & Blut für die Kooperation.
Bilder: Jules Villbrandt // Text und Interview: Alina Schulz
Wer unsere Studiotouren mag, kann sich auf Montag freuen, da gibt es schon die nächste!