Wir waren zu Besuch bei der wunderbaren Karina in Kreuzberg und sind hin und weg von dieser Wohnung voller Fundstücke, Geschichten und Wundern. Es gibt keine Ecke an der Karina und ihr Mann Hubby nicht herumgewerkelt haben und die Wohnung zu einem richtigen Juwel renoviert haben. Ihr findet Karina auf Instagram unter @kabeaux, da haben wir sie nämlich auch gefunden.
Liebe Karina, magst du dich einmal kurz vorstellen?
K: Ich bin Karina aus Bremen, online besser bekannt als @kabeaux und offline beruflich und akademisch an der TU Berlin unterwegs. Ich mag mein Hollandrad und ich liebe Rosenduft, Regenprasseln, Rom und Rilke. Ich habe Jura und Kunstgeschichte studiert. Beide Fächer charakterisieren mich gut und spiegeln sich ebenfalls in meiner Wohnung und in meinem Alltag wieder: ich lese viel und gucke gerne Bilder (stundenlanges tumblrn mit dem Mac auf dem Bauch gehört für mich auch dazu). Ich brauche klare Strukturen im Alltag, jedoch beschränkt sich der Minimalismus bei mir ausschließlich auf meine Garderobe. Zuhause mag ich es chaotisch und bevorzuge den electric approach, wenn es um die Einrichtung meiner Wohnung geht. Ein Stil, welcher viel zu lange in der „Interior - Abstellkammer“ verweilt hat.
Seit wann wohnst du in dieser Wohnung ?
K: Ich bin 2008 nach einem Jahr Prenzlauer Berg nach Kreuzberg umgezogen. Priorität war damals nur die Nähe zu Freunden und zum Berghain. Diese Wohnung wollte niemand haben! Zu hohe Decken, gelegen im „Ghetto“, mit schiefer Toilette und einer gelben Küche. Die Highlights waren das weiße Laminat und die lila Wände mit Glitzerstaub. Very electric und genau mein Ding ... haha!
Mit wem teilst du deine schönen ( awwww...) vier Wände ?
K: Ich lebe hier zusammen seit acht Jahren mit meinem Mann und meiner Katze Milky Way. In unserem ersten Sommer sind uns zwei Kater zugelaufen, von denen einer vier Jahre lang bei uns blieb. Sigi ist leider dem Krebs erlegen. Wir haben lange getrauert und wollten nie wieder einen roten Kater in unser Herz lassen. Dann kam Heini. H für Halunke, Hooligan und Herzensbrecher. Der Schwerpunkt von meinem Instagram Account.
Du hast viele Kunstbücher und Fotografien in deiner Wohnung hängen. Bist du eine Kunstliebhaberin?
K: Ja, seit meiner Kindheit. Ich habe eines Tage bemerkt, dass sich die Knaben auf Botticellis Madonnen Bilder im Laufe seiner Malerkarriere sehr ähnelten und begann Kunstliteratur in der Schulbibliothek zu Rate zu ziehen, weil ich Vampire hinter diesem Mysterium vermutet habe. Mein Herz schlägt seitdem für die Renaissance und Caravaggio. Im Laufe der Jahre wurde ich auch sehr von Anton Corbijn und Chris Cunningham inspiriert. Vor Madonna und Tom Ford muss ich mich an dieser Stelle auch verneigen. Heute bekomme ich Schnappatmungen bei Christine and the Queens, Alessandro Michele (verantwortlich für die aktuelle Gucci-Mania) oder der Arbeit von Thomas Prochnow.
Wer sind deine Helden?
K: Meine ukrainischen Großeltern und meine Eltern. Meine Mom ist dreifache Olympiasiegerin im Handball und der sportlichste Mensch neben Madonna. Mein Mann. Ein Superhero, der nicht nur einem für ihn fremden Au-Pair zu einem Visum in Deutschland und einem Studienplatz verhelfen konnte, sondern gleichzeitig ein paar miesen Leute Benehmen beigebracht hat, trotz einer 80 Stunden Woche. Kochen kann er auch...Ein multi-tasking Vorbild! Ich orientiere mich gerne an Menschen, die über Konventionen hinweg denken, anecken, andere gegen sich aufbringen und schließlich dadurch Dinge bewegen. Mit 15 waren es andere Persönlichkeiten als mit 25. Aktuell beschäftige ich mich mit Susan Sontag, Gertrude Stein und Adrienne Rich. Heutzutage brüllen vielen girl power und betiteln sich als Feministen, alleine wegen der einmaligen Lektüre von Judith Butler. Ich muss noch herausfinden, was genau dahinter steckt.
Wie verbringst du am liebsten einen grauen Sonntag zuhause?
K: Liegend! Morgens mit Kaffee und einem Buch und später am Tag klicke ich durch Fotos der vergangenen Woche von Katzen und den Kids in meinem Leben, welche ich mit meiner Leica geschossen habe. Telefonieren und Instagram gehört auch dazu. Natürlich alles in der Horizontalen. Der Abend wird mit einer Bestellung beim „Sozial Chinesen“ eingeleitet. Mein Mann und ich gucken getrennt unsere Serien, jeder in einem Zimmer. Ich muss gestehen, ich würde den Tag auch bei strahlendem Sonnenschein so planen. Winter oder Hochsommer macht bei uns keinen Unterschied, weil wir die Woche über bereits viel Erleben und mit den Katzen Zeit verbringen wollen. An einem sonnigen Sonntag trifft man mich nie auf dem Flohmarkt oder im Prinzenbad, sondern am wahrscheinlichsten im klimatisierten Museum.
In welcher Stadt fühlst du dich am wohlsten?
K: Hehehe...Seit einer Weile ein großes Thema bei mir. In Paris / Belleville fühle ich mich Zuhause. Ich habe ewig nach solch einem Ort gesucht. Angefangen habe ich in meiner Heimat, Kiew. Dann Florenz, Hamburg, Osten und Westen. Erst an der Seine habe ich ein Gefühl von „Zuhause“ bekommen. In dieser Stadt könnte ich mich niemals langweilen. Es ist dieser Mix aus Traditionen und den kreativen Menschen der Paris seit Jahrhunderten am Leben hält und mich begeistert. Ein Beispiel: der Silvestertag artet oft in Stress aus, doch in Paris habe ich mich auf den Tag gefreut. Morgens Austern und Käse kaufen. Am Mittag ein Eclair zur Stärkung und ab zu Fauchon und Laduree, um Schlange zu stehen für Brot, Gebäck und Torte. Alltägliches wird zum Fest. Der anschließende Spaziergang durch die Tuileries in Richtung Shakespeare & Company bleibt für immer in meiner Erinnerung. Am meisten erfreue ich mich über die Menschen und ihre unglaubliche Liebenswürdigkeit. Den Wein am Mittag und über den Aufstieg von Republique zum Boulevard Belleville. Ich bekomme in Paris dank Kleinlichkeiten mehr Energie als durch Musik oder Mode.
Welche drei Dinge in deiner Wohnung würdest du nie verkaufen oder weggeben?
K: Hahaha! Ich habe so viel Kram... Ich würde niemals eines der Kunst- oder Fotobücher verkaufen, meinen Verlobungsring und Hubbys Uhr. Auf den Rest könnte ich verzichten plus eine meiner Nieren, um die Bücher behalten zu können. Um die Deyrolle Schmetterlinge, meine Kameras und die geerbten Vivaldi Platten würde ich jedoch sehr trauern. Von unseren Schuhen will ich erst gar nicht anfangen...
Worauf legst du Wert, wenn du dir neue Möbelstücke kaufen willst?
K: Niemals auf Trends. Nur auf das heimelige Gefühl, welches ich bekomme wenn ich ein Möbelstück, eine Lampe oder ein Textil sehe. Ich erkenne intuitiv ob etwas in die Wohnung passt oder nicht, egal wie sehr sich Hubby anfangs wehrt. Er setzt wiederum mehr auf Qualität als ich. Bei Lampen geize ich seit Jahren, deswegen haben wir keine.
Was willst du unbedingt dieses Jahr noch erreichen?
K: Meine Bewerbung für Oxford fertigstellen. Stark genug für die Crow Pose (Yoga) werden, einen Gilmore Girls - Marathon starten, unsere Hochzeitsfeier organisieren und ein Herzensprojekt mit meiner zweiten besseren Hälfte, Nes (@waldgalopp), verwirklichen.
Ein paar Insider Tipps, die man in Berlin ausprobieren sollte?
K: Letztes Jahr waren viele Freunde und Bekannte in Berlin, die ich allesamt in den Pauly Saal zum Essen geschickt habe. Viele blieben noch an in Bar hängen, manche bestellten ein Taxi ins Möbel Olfe. Leider keine Insider Tipps, jedoch für mich die besten Locations neben der Paris Bar und der Terasse im Soho Haus ( Hallo Ulla!). Die Goldene Hähne gefällt mir auch sehr. Ich mag es weniger Hip, sondern traditionell wenn ich in Berlin unterwegs bin. Mein Mann ist ein Experte für chinesisches Essen in den unterschiedlichen Bezirken. Er ist der wahre Insider. Ich hänge zu gerne vor der Glotze rum um Neues in Berlin zu entdecken. Über Insider Tipps zum Tanzengehen würde ich mich jedoch sehr freuen. Anyone?
Welche Kleinlichkeiten machen dich Glücklich?
K: Bienenwachskerzen, Reclam Editionen und frische Leinen - Bettwäsche.
Was magst du an anderen Menschen besonders gerne?
K: Humor und Offenheit. Dabei meine ich nicht extrovertierte Persönlichkeiten, sondern dieses gegenseitige Gefühl, dass man gemeinsam entweder für ein paar Stunden oder für die Ewigkeit zu einer kleinen Gang zusammengeschweißt wird. Dafür müssen wir nicht gemeinsam durch dick und dünn gehen und von anderen Leuten die Pferde stehlen. Ich meine auch Fremde, die mir im Zug über ihre Vietnam Reise erzählen und wir zusammen bei der Erinnerung an die Schönheit Asiens Tränen vergießen oder von einer fabelhaften Frau spontanen zum Kaffee einladen wird, nur weil man das selbe, seltene Parfüm trägt wie ihre Mutter. Ich kann Geschichten, Erlebnisse und Anekdoten teilen und es ist mir dabei unwichtig ob ich die Person wiedersehen werde oder nicht. Erst letzte Woche habe ich mich mit zwei Mädchen beim Einkaufen über meinen Gesichtsausdruck in der Milch Abteilung kaputt gelacht. Ich kenne ihre Namen nicht, ich weiß nur wie gerne die zwei Adventure Time gucken und werde ab jetzt immer grinsen müssen bei einer bestimmten Joghurt Sorte. Eine emotionale Erinnerung bleibt immer. Sehr Paris, leider weniger Berlin.
Merci liebe Karina und Hubby, dass ihr uns in eure Wohnung gelassen habt.
Interview: Katharina Thomé Fotos: Jules Vilbrandt